Philosophische Gespräche am GiL

mit Prof. Andreas Speer, Universität Köln

Am Mittwoch, 01.10.2014, trafen sich von 14-16 Uhr 26 Schülerinnen und Schüler der Klassen 7-9, 10 und 12 im Lernzentrum, um zu philosophieren. Das ist zunächst nichts Neues, denn am GiL wird in allen Klassenstufen das Fach Philosophie – in der Sek. I als praktische Philosophie (PP) – unterrichtet, aber Philosophieren mit einem Philosophie-Professor? Zudem noch mit einem Gelehrten der Philosophie des Mittelalters und Direktor des Thomas-Institutes? Und dazu noch jahrgangsübergreifend?

Zwei Stunden lang zeigte sich, dass dies nicht nur möglich ist, sondern eine großartige Möglichkeit für alle Beteiligten zu erfahren, wie gemeinsames Nachdenken zu Verständigung führt und wie es uns durch Verständigung leichter fällt, auch extrem kontroverse Standpunkte zu tolerieren, Dissens zu ertragen. D. h. eine Streitkultur zu entwickeln, die Mut macht, hier und jetzt erst einmal nachzudenken, einen Stopp einzulegen, anstatt gleich den Kragen platzen zu lassen. Und, selbst wenn dies einmal passiert, sich darauf zu besinnen und zu akzeptieren, dass wir alle keine idealen Menschen sind, sondern ganz reale mit Fehlern und Schwächen.

Das Thema dieses Nachmittags wurde von Jan-Philipp zu Beginn auf eine klare Frage zugespitzt: Ist Weltfrieden möglich?

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Zwei Stunden lang führten die SchülerInnen Rede und Gegenrede, erklärten und verteidigten ihre Standpunkte, hörten zu, dachten nach, fragten und hinterfragten, wurden gefragt. Manchmal verlor sich eine Frage, ein Statement, nicht über alle Beiträge konnte nachgedacht werden, nicht alle genau angehört. Aber das Wesentliche ging nicht verloren: Prof. Speer brachte die jungen PhilosophInnen durch seine Fragen und Impulse zum vertieften Nachdenken, erklärte ihnen vergleichbare Gedanken und Positionen großer Philosophen und ermöglichte ihnen zu erleben, was Philosophieren ist (und seiner Meinung nach sein sollte): Im Vertrauen auf die uns allen gemeinsame Vernunft miteinander zu reden und unsere Gedanken zu klären, dann Lösungen (und Regeln/ Vereinbarungen) für die reale Welt zu finden, also gerade nicht nach idealen Zielen zu streben!

So heißt Frieden nicht nur: Ohne Krieg leben, sondern vor allem: Wie entscheide ich mich, anderen Menschen zu begegnen? Wir können und müssen uns – wie Thomas Hobbes formuliert hat – entscheiden, ob der Mensch für uns ein König oder ein Wolf ist, ob wir ihm ehrerbietig oder feindlich gesinnt gegenübertreten. So wie wir jetzt, in diesem Moment, respektvoll miteinander streiten, weil wir herausfinden wollen, wie Frieden möglich ist, obwohl so viele gegensätzliche Standpunkte vertreten werden.

Die TeilnehmerInnen kamen von dieser Frage bald zur nächsten und damit zu einem echten Dilemma: Was mache ich, wenn einer diese Einsicht nicht hat, wenn er noch nicht erkannt hat, wie wesentlich (und d. h. grundsätzlich und nicht nur wichtig/ nützlich für uns alle) diese positive Entscheidung ist? Was mache ich also, wenn einer z. B. nicht akzeptiert, dass die Menschenrechte für alle Menschen gleich gelten? Darf ich ihn dann dazu zwingen? Ich kann ihn nicht zwingen, aber ich kann auch nicht zulassen, dass er Menschen verletzt, tötet.

Eine neue Frage brachte alle TeilnehmerInnen weiter. Professor Speer zeigte den jungen Philosophinnen und Philosophen, dass Dilemmata und schwierige Fragen Rätsel sind, die zum weiteren Nachdenken anspornen und dazu, sie von einer anderen Seite zu betrachten. Woran erkennt ihr Frieden? Wie viele Unterschiede darf es geben? Wie viel Streit (v)erträgt Friede?

Es war spannend zuzuhören, die verschiedenen Ansichten regten an zum Weiterdenken. Die zwei Stunden vergingen viel zu schnell. Das Gespräch endete in dieser Runde – die Suche nach Antworten, mit denen wir zufrieden sind, wird fortgesetzt.

Redaktion: Amina Diehl