Schule mal anders – Engel-Apotheke Marl führt Cannabis-Prävention in der Stufe 9 durch

Juliane Stark-Kreul, die Apothekerin stand vier Tage am Lehrerpult des Gymnasiums im Loekamp statt hinter dem Handverkaufs -Tisch in ihrer Engel-Apotheke an der Bergstrasse 114. Die Heilberuflerin hat sich die Zeit genommen, mit allen vier Klassen der Stufe 9 das „Planspiel Cannabis“ durchzuführen. „Mein Ansatz ist es, Jugendliche aktiv in die Präventionsarbeit einzubinden“, erklärt Stark-Kreul. „Statt mit erhobenem Zeigefinger zu warnen, möchte ich den Schülern anbieten sich selbst ein differenziertes Bild zu machen.“ Cannabis stand bislang noch nicht auf dem Stundenplan der Klassen. Im Hinblick auf die Legalisierung von Cannabis im letzten Jahr ist es sehr wichtig die Jugendlichen vor den negativen Folgen des Cannabis Konsum aufzuklären und zu schützen. Wichtig ist es Stark-Kreul, selber Mutter von drei Kindern, den Jugendlichen zu zeigen, dass Legal nicht ungefährlich bedeutet.

In eine Rolle schlüpfen und Argumente vortragen

Beim Planspiel Cannabis, dass maßgeblich von Jugendlichen selbst und einer promovierten Didaktikerin entwickelt wurde und unter der Schirmherrschaft des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht-Drogenfragen steht, geht es nicht darum die Jugendlichen frontal mit klassischem Pharmakologie-Vortrag zu beschulen. Sie sollen sich viel mehr in verschiedene Rollen, wie die Polizei, Schule, Politik oder Drogenberatung hineinversetzten, sich mit den Folgen der Legalisierung auseinandersetzten und Lösungen entwickeln mit denen alle gut leben können. Es kommt doch immer im Leben darauf an „Gut informiert die richtigen Entscheidungen zu treffen und die Prävention zu Cannabis ist nach der Legalisierung vom 1.4.24 einfach auf der Strecke geblieben, sagt die Apothekerin.

Anfangs brauchten die Schüler etwas sich in ihre Rollen hineinzuversetzen und in das Spiel zu finden. Auch waren nicht alle glücklich mit ihrer zugeteilten Rolle wie zum Beispiel den „besorgten Eltern“ oder wussten nicht Recht etwas mit der Rolle der Kifferfreunde e.V. anzufangen. Aber schon bald wurde an allen Gruppentischen heiß diskutiert und auch die Kifferfreunde e.V. dachten schnell über einen verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis nach. Frau Stark-Kreul klärte vor Spielbeginn kurz und sachlich vor den Folgen des Kiffens auf gerade dann, wenn man in frühem Alter damit beginnt, stand allen Jugendlichen die ganze Zeit zur Verfügung, motivierte sie in ihre Rolle hinein zu finden und führte sie durch das Spiel. Broschüren für jede Rolle gab es auch für die Schüler in der sie zum eigenen Rollenverständnis und zum aktuellen Fall nicht nur nachlesen, sondern auch mit ihren Handys QR Codes für spannende Erklärvideos scannen konnten.

Nach der ersten großen Pause sollten die verschiedenen Gruppen miteinander ins Gespräch gehen. Zwischenzeitlich wurde es etwas laut, wurde rumgealbert oder auch hitzig diskutiert. Zur großen Abschlusskonferenz am Konferenztisch legten alle Schüler eine gute Gesprächsdiziplin hin, wie man sie sich für jeden runden Tisch nur wünschen kann. Jede der sieben Gruppen brachte seine Bedenken, Argumente und Forderungen sachlich vor und das Publikum, das nicht mit am Konferenztisch saß, konnte seine Argumente durch Handzeichen ebenfalls demokratisch einbringen.

Die wichtigsten Ergebnisse der Konferenz

Alle Klassen wünschten sich mehr Prävention um gut informiert eigene Entscheidungen zu treffen. Dafür war es Ihnen auch wichtig das die Drogenberatung in der Stadt Marl noch sichtbarer wird. Das Alter des legalen Bezugs von Cannabis wollten 3 von 4 Klassen auf 21 oder 25 Jahre hochsetzten, die Preise erhöhen und von der Cannabisbesteuerung das Präventionsangebot ausweiten. Der legale Bezug von Cannabis sollte auf unter 20g pro Person beschränkt werden und nur möglich sein, wenn ein digitaler Mitgliederausweis vorliegt auf dem die Kaufmenge aktuell registriert wird. An der Schule könnte es einen Spendenlauf geben oder Kuchenverkauf und aus diesem Erlös kann dann ebenfalls die Präventionsarbeit erstattet werden. Prävention soll es auch nicht nur für die Mittelstufe geben, sondern schon für die jüngeren Schüler am Gil. Auch die Arbeitgeber in der Stadt, die auf gute Fachkräfte warten, würden die Schüler gerne mit in die Präventionsarbeit einbeziehen. Entweder aktiv, so wie sie es bei der Leiterin der Engel-Apotheke die vier Tage war genommen haben oder durch finanzielle Unterstützung wie bei der Allianz Versicherung, die durch den Unternehmer Herrn König aus Marl stattgefunden hat.

Die Klassen hatten nach eigenen Angaben im echten Leben noch wenig Kontakt mit Cannabis und wünschen sich mehr Schutz. Eltern, ältere Geschwister, und ältere Schüler+innen sollten als Vorbilder fungieren und sich generell an die Schutzzonen halten. Denn trotz Legalisierung bleibt das Kiffen in Schulen, rund um Sportstätten sowie in deren Sichtweite verboten. Die Stufe 9 des GiL wünscht sich mehr Kontrollen, durch Stadtpolizisten, aber vor allem mehr Hilfsangebote statt Strafen, die noch mehr Probleme machen und ein größeres Angebot an AGs. Gespräche mit Lehrer:innen , Drogenberatung und Eltern auf Augenhöhe war an jedem Konferenztisch ein wichtiges Thema.

Juliane Stark-Kreul war mehr als zufrieden von den Ergebnissen. Die Jugendlichen haben gemerkt, dass sie und ihre Belange ernst genommen werden und dass es Unterstützungsangebote und Ideen gibt. Für die Fachfrau aus der Engel-Apotheke war es faszinierend zu beobachten, wie die Schüler ihre Rollen lebten und lernten ihre verschiedenen Standpunkte zu verteidigen und respektvoll mit anderen Standpunkten umgingen. Auch die Schulleitung Herr Brode hatte nur Gutes über das Planspiel und das Engament von Frau Stark-Kreul zu berichten. „Die Schüler und Schülerinnen unserer Schule haben wirklich gut mitgemacht und hatten viel Spaß. Auf diese Art zu Lernen ist wirklich super. So wird das aktuelle Thema lebendig und verständlich präsentiert und die Jugendlichen können sich aktiv Wissen aneignen.“  Gesundheitsprävention, damit die Menschen erst gar nicht krank werden, so  die Apothekerin, ist ein wichtiges Thema. Die Tage hier in der Schule wurden dankenswerterweise von der Allianz Versicherung unterstützt. Um das Programm noch weiter auszuweiten, sagt Stark-Kreul aus der Engel-Apotheke, Marl, werden noch weitere Sponsoren gesucht.